Lens Based Painting

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Die Ausstellung Lens Based Painting wurde von Lexan Frye und Ines Auerbach kuratiert und fand im Haus der Fotografie in Burghausen vom 12.6-26.7.2015 statt. Sie ist der erste Teil der vom Kuratorenteam Frye /Auerbach kuratierten Doppelausstellung Painting meets Phtographie. Der zweite Teil der Doppelausstellung trägt den Titel The Panters Eye in Photographie und wird am 9.8.2015 um 11 Uhr eröffnet.

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Veranstaltungshinweis:  Kuratorenführung von Lexan Frye Do. 25.6.2014 19Uhr

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Auszug aus der Eröffnungsrede von Lexan Frye vom 12.6.2015:

 

 

Sehr geehrte Gäste der Vernissage,

 

die Ausstellung, die Sie hier sehen und die den Untertitel Lens Based Painting hat, bildet den ersten Teil der Doppelausstellung Painting meets Photographie.

Die Bezeichnung dieses Hauses als Haus der Fotografie, legt nahe, dass hier in erster Linie Fotografie zu sehen ist.

Ausgangspunkt für das Zeigen von Malerei in diesem Gemäuer ist, die spannungsvolle Wechselbeziehung zwischen Malerei und Fotografie.

 

Der Geschichtsverlauf zeigt sowohl einen Wettstreit als auch einen spannenden Dialog zwischen den beiden Kunstgattungen seit der öffentlichen Bekanntmachung des neuen Mediums der Fotografie im Jahre 1839. Zwar gab es auch vorher schon Kameras, z.B. die Camera obscura, aber erst durch das Festhalten des Bildes auf lichtempfindlichen Medien beginnt das fotografische Zeitalter im engeren Sinne.

 

Der gegenseitige Einfluss der beiden Medien hatte im Laufe der Geschichte seit der Erfindung der Fotografie viele Gesichter.

Zunächst waren es die Fotografen, die die Errungenschaften der Malerei für sich zu nutzen begannen. In der sogenannten Gattung der Atelierfotografie ahmten die Fotografen die Repräsentationsportraits der angesehenen Salonmaler nach.

 

Für die Malerei war die Fotografie ein Kulturschock. Eine der wichtigsten Aufgaben der Malerei bestand bis dahin darin, Personen, Landschaften und Gegenstände darzustellen. Doch plötzlich war mit der Fotografie eine Konkurrenz entstanden, die bei der Wiedergabe der Wirklichkeit scheinbar unschlagbar war.

 

Für die jungen Maler, die in der Mitte des 19. Jahrhunderts ihren künstlerischen Weg suchten, war dies ein großes Problem, denn es erschien unmöglich, in die ausgetretenen Fußstapfen der angesehen Künstler zu treten.

 

„À partir d’aujourd‘hui la peinture est morte“ – mit diesem Worten reagierte der Maler Paul Delaroche als er sich der Bedeutung der Erfindung der Fotografie bewusst wurde.

 

Die einzige Chance bestand für die Maler darin, einen radikalen Bruch mit der Tradition herbeizuführen und eine Malerei zu entwickeln, die ihre Aufmerksamkeit auf andere Ziele richtet.

Monet, Degas, Renoir, Cézanne, in Deutschland Max Lieberman und viele andere schufen in wenigen Jahrzehnten nach 1870/80 mit dem Impressionismus einen Stil, der nichts mehr mit den präzisen Darstellungen der Vorgänger zu tun hatte.

 Mit keiner noch so modernen Kamera wären die Farben, Lichter und Strukturen eines Seerosenteiches auf eine Weise darstellbar wie Monet es schaffte.

Die besondere Leistung des Impressionismus besteht darin, sich mit den atmosphärischen Bedingungen und Lichtverhältnissen im Bild auseinanderzusetzen, die Detailtreue und Bildschärfe aufzugeben und dafür dem spontanen Eindruck Raum zu geben.

 

Aber auch die impressiontischen Maler verfolgten aufmerksam die neuesten Entwicklungen im Bereich der Fotografie. Besonders interessant für einige impressionistische Maler war beispielsweise die Bewegunsfotografie. Das fotografische Festhalten dynamischer Prozesse war sehr hilfreich bei der malerischen Darstellung atmosphärischer Bedingungen. Serienaufnahmen von Bewegungsabläufen wie die von Edward Mybridge inspirierten Maler wie Degas,  die auch begannen Bewegungen festzuhalten. Ein gutes Beispiel hierfür sind Degas Tänzerinnen.

 

Mit der Emanzipation der Malerei seit Beginn des Impressionismus war der Weg im weiteren auch offen für eine Entwicklung, die eine noch weitere Loslösung von der Fotografie bedeutete und schließlich in Entstehung der abstrakten Malerei mündete.Die bahnbrechenden Entwicklungen von Künstlern wie Malewitch, Kandinsky, Jackson Pollok und vielen anderen kaum denkbar gewesen wären, wenn die Malerei nicht ein halbes Jahrhundert zuvor durch die Fotografie unter immensen Druck gekommen wäre.

 

In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts befruchteten sich die Malerei und die Fotografie erneut. Allerdings auf eine ganz andere Weise. Die immer besser werdende Technik der Fotoapparate machte es bald möglich mit Bildmitteln wie Tiefenschärfe, Spiegelungen etc. zu spielen. Die Fotografie wurde zur Vorlage für die Gemälde der Fotorealisten. Eindrucksvolle Beispiele für diese Richtung der Malerei sind die Arbeiten von Don Eddy, Chuck Close, Franz Gertsch und Gerhart Richter.

 

Interessant ist in diesem Zusammenhang auch die dazu konträre Position Francis Bacons. Beim Malen von Porträts wollte Bacon keine Modelle um sich haben, weil ihn die Anwesenheit der porträtierten störte. Er arbeitete lieber mit Fotos, die er eigens anfertigen ließ. Er benützte die Aufnahmen jedoch keinesfalls als Vorlage. Sie waren für ihn nur eine Erinnerungsstütze. Bacon war davon überzeugt, dass das Medium der Fotografie die Wirklichkeit auf einer oberflächlichen Ebene viel besser abbilden kann als die Malerei. Seiner Meinung nach hat die Malerei nach der Erfindung der Fotografie ihre Aufgabe, die Wirklichkeit abzubilden verloren und muss deshalb zu etwas Wesentlicheren kommen. Seiner Meinung nach greift in unserer Gegenwart eine realistische Malerei, die sich damit begnügt, nur die Äußere Form des dargestellten Gegenstandes zu erfassen, zu kurz.

 

Ein weiteres bedeutendes Beispiel für die enge Wechselbeziehung zwischen Malerei und Fotografie ist auch die Durchmischung  der beiden Kunstgattungen im Bereich der Fotomontage und Collage, die in den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts im Dada und seit den 60er Jahren in der Popart eine wichtige Rolle spielte.

 

 Mit dem Eintritt in das digitale Zeitalter wird die enge Wechselbeziehung zwischen Malerei und Fotografie wieder in einer völlig anderen Weise neu belebt. Die rasante Entwicklung der Software insbesondere der Bildbearbeitungsprogamme ermöglicht eine Herangehensweise an die Fotografie, die unter dem Gesichtspunkt des gestalterischen Prozesses der Malerei sehr nahe kommt. Wie bei der Malerei kann man beispielsweise im Programm Photoshop ins Bild eingreifen, Ebenen hinzufügen, die Präsens bestimmter Bildteile erhöhen und vieles anderes. Bei der Konzeption der Bildbearbeitungprogramme wurde bewußt auf Strategien zurückgegriffen, die zuvor in der Malerei eine Rolle gespielt haben. Besonders deutlich wird das beim Einsatz der Malfilter. Mit einem Click kann man dabei simulieren wie ein Motiv in Aquarelltechnik, wie als Ölgemälde usw. wirken würde. Getragen von diesen Entwicklungen beginnen Künstler wie beispielsweise Andreas Gursky, ganz neue Bilder zu schaffen. Es entstehen Fotos, die am Computer mit beinahe malerischen Mitteln verändert und gestaltet werden. Die Leichtigkeit und Schnelligkeit, mit der die Gestaltung mithilfe der neuen Software möglich wird und die daraus resultierende  Flut der Bilder, bedeutet erneut eine Herausforderung für die Malerei, sich zu behaupten und zu rechtfertigen. Für die Fotokünstler der neuen Technologien ergeben sich unzählige neue Gestaltungsmöglichkeiten, aber auch die Gefahr, dass aus der Leichtigkeit Leichtfertigkeit wird.

 

In der Ausstellung Lens Based Painting sehen Sie zeitgenössische Positionen der Malerei, für die die Auseinandersetzung mit der Fotografie im Entstehungsprozess von entscheidender Bedeutung ist. Die 11 Künstlerinnen und Künstler verfügen über ein hohes Maß an technischem Können bei der Wiedergabe der Wirklichkeit.

Bei den meisten der hier zu sehenden Arbeiten bleibt es aber nicht bei der naturgetreuen Darstellung der Realität. Das genaue Erfassen von Objekten ist für die Künstler nur ein Mittel für die Formulierung ihrer weit darüber hinausgehenden künstlerischen Aussagen.

Dass die Künstler mit einander verwandten, technischen Mitteln arbeiten, regt uns als Betrachter zum vergleichenden Betrachten an. Wenn man mit einem solchen, vergleichenden Blick durch die Ausstellung geht, wir die starke Unterschiedlichkeit der Beiträge gegenwärtig.

 

Es bietet sich geradezu an, zu vergleichen wie die Künstler mit den bildnerischen Herausforderungen Umgegangen sind, wie die künstlerischen Probleme der Themenfindung bewältigt wurden, welche Strategie der Darstellung, der Blickführung, der Komposition gewählt wurden und wie die Ausarbeitung der Arbeiten gelungen ist.

 

Wichtige Gründe für die Heterogenität der zu sehenden Positionen sind sicherlich die verschiedenen kulturellen Hintergründe aus denen die KünstlerInnen kommen. Die Künstler stammen aus Deutschland, der Schweiz, Polen, der Ukraine, Ungarn, Südkorea und China.

Einen weiteren bedeutenden Einfluss haben sicherlich auch die persönlichen Interessen, die Spuren der individuellen Biografien und die Faszination für verschiedene Facetten des Lebens.

 

Die in dieser Ausstellung gezeigten Tendenzen der Entwicklung im Bereich der Malerei sind ein Indiz dafür, dass der Wettstreit der miteinander konkurrierenden Kunstgattungen ein lebendiger, zu Innovationen anregender Prozess, zu bleiben verspricht.

 

 

 

 

 

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